Ausbildung in der Heimat
AG Stadtmarketing will Schüler zum Bleiben motivieren
05.10.2023
Wie können Schüler motiviert werden, ihre Ausbildung in der Region und bestenfalls in der Lübbenauer Tourismusbranche zu machen? Wie vielerorts fehlen Fachkräfte auch hier. Im Rahmen ihrer diesjährigen Learners‘ Company haben Studierende der Hochschule Bremen herausgefunden, dass Schüler eine interessante Zielgruppe sind, welche bislang noch zu wenig angesprochen wird. Im Frühsommer haben die norddeutschen Hochschüler Gymnasiasten und Oberschüler aus Lübbenau/Spreewald zum Thema Tourismus befragt.
„Das Potenzial der Schüler als Auszubildende in spe ist größer als vermutet“, erinnert Professor Felix Herle als Moderator der Stadtmarketing-AG „Wir für Lübbenau“ bei der jüngsten Runde an die Auswertung. Mehr als die Hälfte der Befragten will immerhin nach dem Schulabschluss in Lübbenau/Spreewald bleiben. Die meisten von ihnen haben Freunde und/oder Verwandte, die im Tourismus beschäftigt und dort auch größtenteils zufrieden mit ihren Jobs sind. Aber reicht das, um auch Schüler in den Tourismuskahn zu holen? Von 125 Schülern seien lediglich 27,2 Prozent an einer Ausbildung in der Tourismusbranche interessiert. Die Erklärung für das „Desinteresse“ liefern die Schüler gleich mit: Bezahlung, Arbeitszeiten und berufliche Perspektiven werden kritisch betrachtet. Sind diese Themen jedoch immer ausschlaggebend bei der Wahl eines Arbeitsplatzes?
„Wenn man seine Aufgaben liebt und ein tolles Team um sich herum hat, rücken unliebsame Arbeitszeiten in den Hintergrund. Oft stellen die Mitarbeiter fest, dass es vorteilhaft ist, im Schichtsystem zu arbeiten und eine Tageshälfte bzw. wochentags frei zu haben“, erzählt Axel Kopsch, Prokurist der Spreewelten.
Das kann Martin Richter vom gleichnamigen Bootsverleih bestätigen: „Wir haben viele Schüler bei uns im Team, die sich am Wochenende und in den Ferien etwas dazu verdienen wollen. Sie sind zum Teil befreundet und verbinden Pflicht und Spaß.“
Die Tourismusbranche in Lübbenau/Spreewald finden 65 Prozent der befragten Jugendlichen (eher) modern. Vielen sind die Möglichkeiten, die sich ihnen in diesem Sektor bieten, jedoch gar nicht bekannt. Sie wüssten, dass es offene Stellen gibt, hätten aber „keinen Überblick über diese“. Genau das wollen die Mitstreiter der Arbeitsgemeinschaft „Wir für Lübbenau“ ändern. Aktuell sind sie dabei eine geeignete Zielsetzung zu formulieren, um damit an die Schulen heranzutreten. Denkbar seien Partnerschaften mit Schulen, Info-Veranstaltungen und Schnupper-Praktika, um die berufliche Frühorientierung zu fördern. Zentrale Online-Plattformen sollten eine vielfältige Job-Auswahl bieten und Schülern jegliche Informationen und Angebote liefern. So müssten die Heranwachsenden nicht lange suchen. „Die touristischen Anbieter könnten sich auch zusammentun, um Schüler in ihren gastronomischen Einrichtungen einzusetzen und ihnen die Arbeit näher zu bringen. Vor allem die kleineren Unternehmen würden die Schüler aus Kapazitätsgründen nicht wöchentlich beschäftigen können“, schlägt Jörg Schwerdtner, Vorsitzender des Lübbenauer Tourismusvereins vor.
„Wir sollten den Schülern ein positives Tourismus-Image vermitteln“, ergänzt WIS-Chef Michael Jakobs. Marko Schröter könnte sich vorstellen, dass sich Köche finden, die den Schülern im Wahlpflichtfach Kochen & Backen nicht nur Tipps fürs Handwerk, sondern bestenfalls ihre Leidenschaft dafür gleich mit übertragen. „Mit persönlichen Beziehungen zum Unternehmen fällt die Entscheidung für eine Ausbildung in jenem gleich leichter.“
Die Auszubildenden selbst sollte „jeder Arbeitgeber dringend als Investition in die Zukunft sehen, sprich die Mitarbeiter von Grund auf motivieren“, so Felix Herle von der Bremer Hochschule. „Geld als Lockmittel reicht auf Dauer nicht – interne Abläufe, Strukturen, die Atmosphäre im Unternehmen müssen stimmen, sonst sind die jungen Leute gleich wieder weg“, benennt er die erkennbare Tendenz. Oftmals müsse bei den Arbeitgebern diesbezüglich noch ein Umdenken stattfinden.
Auf der Angebotsseite steht hingegen das Ausdenken an der Tagesordnung. Ideen für neue touristische Leistungen gibt es in Lübbenau immer wieder – das sei auch wichtig, damit Gäste wiederkommen. Interessiert seien die Urlauber seit jeher am ZDF Spreewaldkrimi. „Nach einer Ausstrah-lung im Fernsehen folgen sofort die Übernachtungsanfragen“, bestätigt Caroline Fürll, Geschäftsführerin der Spreewald-Touristinformation Lübbenau. Aktuell werden nun spezielle „Krimiwochen“ vorbereitet, in denen die Fans auf ihre Kosten kommen. Schwerpunkt liegt dabei auf dem originalen ZDF Spreewald-Krimi, denn „das macht die Einzigartigkeit für unsere Region aus“, betont Jörg Schwerdtner. Krimi-Vorführungen, Gespräche mit Drehbuch-Autor und Führungen zu Drehorten mit vielen Hintergrundinformationen können die Besucher dann unter anderem erleben. Auch Einheimische dürften daran interessiert sein. Wenn sich zukünftig nun auch genug Beschäftigte im Tourismus finden, steht einer erlebnisreichen Zeit fast nichts entgegen – für Urlauber und Einheimische gleichermaßen.
Anmerkung: Im obigen Text wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit ausschließlich die männliche Form verwendet. Sämtliche geschlechtsspezifischen Bezeichnungen beziehen sich jedoch immer gleichermaßen auf alle Geschlechter.